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Von Adalbert Riehl


Rain Es war ein unruhiger, unglücklicher Sommer vor 478 Jahren für den Gerichtssprengel. In der Rainer Geschichtsschreibung noch wenig bekannt, brachte Heimatforscher Ernst Bauer mit einem fundierten und sehr gut besuchten Vortrag beim „Freundeskreis Alt Rain“ Licht in die Ereignisse des Jahres 1546. Der Schmalkaldische Krieg begann Anfang Juli als Donaufeldzug. Auf der einen Seite standen Kaiser Karl V., ein Habsburger, mit seinen Verbündeten für die katholische Sache, auf der anderen Seite standen die im Schmalkaldischen Bund vereinigten Protestanten. 1531 hatten neun Territorien und sieben Städten in Schmalkalden die Vereinigung gegründet, bis 1543 folgten 43 weitere Beitritte, darunter 1536 die Reichsstadt Augsburg.


Martin Luther war am 18. Februar 1546 gestorben und hat damit den ersten Religionskrieg in Deutschland nicht mehr erlebt. Karl V. wollte die Religionseinheit im Reich wiederherstellen und hatte von den Vorbereitungen der Schmalkaldener Lunte gerochen. Was ihm für einen Feldzug fehlte, war Geld für die Söldnerheere, die rasch aufgestellt werden mussten. Geld aber besaß Anton Fugger. Er stellte dem Habsburger im Juni und Juli unvorstellbare 600.000 Gulden zur Verfügung und lieferte ein klassisches Beispiel für den Einfluss des Großkapitals auf die Kriegsführung.


Für Donauwörth und Oberndorf sollte die Transaktion kein Schaden sein. Die Reichspflege Wörth hatten die Donauwörther 1536 auf Drängen des Kaisers an Anton Fugger abtreten müssen, Oberndorf war seit 1533 Fugger-Besitz. So besorgte Fugger für seine 68 Dörfer Schutzbriefe. Sein Faktor Sebastian Kurz befand sich im Heerlager des Kaisers und achtete darauf, dass die Güter seines Herrn durch die zügellosen Söldner verschont blieben. Der Schutzbrief vom 16. Juli und seine Fürsprache beim Kaiser verhinderten die Plünderung der Stadt Donauwörth (die auch von den Schmalkaldenern mit einem Schutzbrief ausgestattet worden war). Kurz gelang es jedoch nicht, den räuberischen Überfall auf das fuggerische Dorf Riedlingen zu verhindern. Als er beim Kaiser vorstellig wurde, befahl dieser Wiedergutmachung.


Trotz Differenzen zwischen Kaiserlichen und Schmalkaldnern unterblieb die Beschließung des Fuggerschlosses Oberndorf durch die Kaiserlichen. Auf der Gegenseite war es schließlich Sebastian Schertlin von Burtenbach, der am 3. November in Oberndorf erschien, jedoch das Schloss umgehend wieder verließ, um Fugger keinen Verdruss zu bereiten. Schertlin war eine der schillernsten Figuren der Zeit: Kriegshandwerker seit 1519, Augsburger Stadthauptmann ab 1530, vier Jahre später vom Kaiser in den Adelsstand erhoben, schloss er sich 1546 den Protestanten an. Er war er daran beteiligt, dass die Erpressungsversuche der Schmalkaldener gegenüber Fugger – dem Finanzier des Gegners – erfolglos blieben. Schloss und Bevölkerung von Oberndorf, Eggelstetten und Flein entstand nicht der geringste Schaden.


Anders sah es in der Nordwest-Ecke des Herzogtums Bayern aus. Die Kontrahenten wollten 1546 den Kriegsschauplatz jeweils in das gegnerische Territorium legen. Durch unglückliche Umstände wurde das Herzogtum Bayern und hier in erster Linie die Grenzstadt Rain mit Umgebung zum Schauplatz von Truppenbewegungen, Besetzungen, Plünderungen und großen Verwüstungen.

Kaiser Karl V. hatte dem bayerischen Herzog Wilhelm IV. im Juni 1546 in geheimen Verhandlungen nach seinem Sieg die pfälzische Kurwürde und das (zum Protestantismus gewechselte) Fürstentum Neuburg versprochen, wenn er ihn mit Proviant

und Waffen versorgen würde. Dem Schmalkaldischen Bund hatte der Bayern-Herzog zugesichert, dass ihre Truppen durch bayerisches Land ziehen dürfen. Nach außen hin versprach Bayern neutral zu bleiben. Um seiner Stadt Rain den optimalen Schutz zu gewähren, ernannte der Bayernherzog den erfahrenen Söldnerführer Konrad von Bemelberg zum Pfleger und Oberbefehlshaber über die Kriegsmacht des Pfleggerichts. Bemelberg kam sehr rasch zwischen die Fronten.


Am Morgen des 10. August 1546 marschierte das Schmalkaldische Heer in voller Stärke auf. Der Besatzung um Bemelberg blieb nichts anderes übrig, als die Stadttore zu öffnen. Das Hauptheer – es waren bis zu 60.000 Mann – zog in der zweiten August-Woche weiter über Pöttmes nach Reichertshofen und vernichtete im Rainer Umland den noch nicht eingebrachten Teil der Ernte. Auch die Gegenseite respektierte die Neutralität Bayerns nicht. Die Italiener und Spanier des kaiserlichen Heeres plünderten vom 15. August bis 6. September mehr als 70 bayerische Kirchen und zahlreiche Klöster. Sie verschonten weder den Besitz des Adels noch den der Bauern.


Am 22. September verließen die Schmalkaldner die Grenzfeste – Rain war die einzige Stadt Bayerns, in der sie Fuß gefasst hatten. Der politisch sehr geschickte und erfahrene Konrad von Bemelberg verhütete, dass Rain noch stärker in den Krieg hineingezogen wurde.






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DZ vom 13.09.2024: